Zum Internationalen Tag der Menschenrechte erklärt Barbara Lochbihler, Grüne Europaabgeordnete und langjährige Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International:
*Die EU muss ihre Menschenrechtspolitik überprüfen!*
„Täglich erreichen uns Berichte über Folter, willkürliche Verhaftungen,> Vergewaltigungen oder Verfolgung von Oppositionellen aus den
internationalen Krisengebieten: aus dem Iran, dem Kongo, aus Birma oder
Guatemala. Die Zahl der Hungernden ist auf eine Milliarde gestiegen,
Hunderte Millionen müssen ohne ihr Menschenrecht auf Bildung,
Gesundheitsversorgung oder Wohnen leben.
Besonders erschreckend ist es, dass internationale Unternehmen und
westliche Regierungen aktiv an der Verletzung von Menschenrechten
beteiligt sind. So lieferte etwa der Siemens-Nokia-Konzern jene
Überwachungssoftware, mit der das iranische Regime Oppositionelle
bespitzelt, um diese dann zu verfolgen. Die Proteste der letzten Tage
zeigen, dass die iranische Zivilgesellschaft weiterhin gegen die
Unterdrückung im Land kämpft. Wer für die Menschenrechte eintritt, muss
die Opposition Irans gegen Angriffe auf der Straße, Schauprozesse sowie
Misshandlung von Gefangenen verteidigen und im Kampf für
Meinungsfreiheit und Frauenrechte unterstützen.
Auch die Europäische Union muss stärker in die Pflicht genommen werden.
Zwar steht seit langem in allen EU-Vereinbarungen mit Drittländern eine
Menschenrechtsklausel, in der Praxis ist diese jedoch kaum das Papier
Wert, auf dem sie geschrieben ist. Weder die Untätigkeit mexikanischer
Behörden bei der Aufklärung unzähliger Frauenmorden noch die brutalen
Angriffe auf russische Journalisten hatten Konsequenzen in den
Beziehungen der EU zu diesen Ländern.
Die EU muss auch dafür sorgen, dass Menschenrechtsverletzungen in den
Mitgliedsstaaten selbst beendet werden. Mindestens 4000 Flüchtlinge
starben allein im letzten Jahr beim Versuch, über das Mittelmeer nach
Europa einzureisen. Mit der Abschiebung von Roma aus Deutschland in den Kosovo werden Tausende in eine Situation von Armut und Verfolgung
getrieben. Will die EU ihren Anspruch ernst nehmen, muss sie ihre
brutale Abschottungspolitik gegenüber Flüchtlingen überdenken. Nehmen
wir die designierte EU-Außenministerin Catherine Ashton beim Wort: Die
Menschenrechte müssen all unserer Arbeit zugrunde liegen!“